Die Pferde gehören zu den ganz wenigen Tieren dieser Schöpfung, die über keinen Schmerzlaut verfügen.

erstmals erkannt und formuliert von Fred Rai

 

 

 

 

"Wer auch immer es gewesen sein mag, der die Hufbeschlagspraxis eingeführt hat - er konnte nicht ahnen, daß er damit die Grundlage für mehr Tierleid legte, als ein Mensch je verursachen könnte, denn es sind in den 12 oder 13 Jahrhunderten seiner Anwendung nicht nur unzählige Mengen von Pferdefüßen verletzt und geschädigt, sondern auch noch die Pferde für ihre - dadurch bedingen - Gehprobleme bestraft worden."

Bracy Clark in "A Essay on the Knowledge of the ancients respecting the art of shoeing the horse" ... 1831

 

Gute Pferdehaltung

Die Gesundheit des Lauftieres Pferd hängt in wesentlichen Maße von der Gesundheit seiner Hufe ab. Nicht umsonst hieß es in früherer Zeit, ein Pferd ist soviel wert wie seine Hufe. Die Hufe eines Pferdes haben mehrere entscheidende Funktionen, die wichtigsten dabei sind:

  • Schutzfunktion, quasi als "Schuh"
  • Blutpumpe, das Pferd besitzt für seine Körpergröße ein relativ kleines Herz. Die Funktion des Herzens wird wesentlich durch die Pumpfunktion der Hufe bei der Zirkulation von Blut und Lymphflüssigkeit unterstützt. Der Hufmechanismus sorgt beim Auf- und abfußen jedesmal dafür, dass eine bestimmte Menge durch den Huf in den Körper gepumpt wird.
  • Stoßdämpfung beim Auffußen (unterster Teil des Stoßdämpfungssystems)
  • Tastsinn zur Wahrnehmung der Bodenbeschaffenheit
  • als Waffe zur Verteidigung

Alle diese Funktionen sind nur bei einem gesunden Huf gewährleistet. Werden Hufe beschlagen so sind sie ohne Zweifel besser z.B. gegen Abrieb geschützt - allerdings zahlt das Pferd für diesen "Schutz" durch eine wesentliche Einschränkung seiner Gesundheit. Denn der Hufmechanismus als Vorausstzung der Blutpumpe wird deutlich eingeschränkt. Permanenter Hufschutz reduziert diese wichtige Funktion um ca. 60%. Die Druchblutung der Hufe wird in gleichem Maße reduziert. Mit fatalen Langzeitfolgen. Wichtig für gesunde Hufe sind nachfolgende Faktoren:

  1. ausreichend Bewegung
  2. pferdegerechte Haltung
  3. richtige Ernährung
  4. natürliche Hufpflege und -bearbeitung

Pferdegerechte Haltung

Es ist schon viel über dieses Thema geschrieben worden. Je mehr die konkreten Haltungsbedingungen den Lebensbedingungen der wild lebenden Pferde ähneln, desto besser, desto pferdegerechter und desto gesünder ist die Haltung Ihres Tieres. Pferde sind Steppenbewohner und Fluchttiere. Darauf ist ihr Körper optimiert und diesen Gegebenheiten haben wir Menschen bei der Haltung Rechnung zu tragen.

Ein gesundes, in Freiheit lebendes Pferd legt am Tag im Durchschnitt ca. 15 - 30 km Strecke zurück. Dabei geht es überwiegend im Schritt und befindet sich auf Futtersuche. Die Tiere fressen im Schnitt 16 - 18 Stunden kontinuierlich geringe Mengen. Da das Pferd als Fluchttier praktisch ständig bereit sein muß, sofort in schneller Gangart bei drohenden Gefahren die lebensrettende Flucht zu ergreifen, ist sein Verdauungssystem gut darauf eingestellt. Kleiner Magen aber großer (=langer) Darm. Bedingt durch den kleinen Magen nimmt das Pferd nur kleine Mengen Futter - diese aber kontinuierlich - über den Tag verteilt auf. Wir Menschen würden nach einem opulenten Essen mit vollem Magen auch nicht gern Höchstleistungen laufen wollen bzw. können. Werden Pferde nur in großen Abständen gefüttert (z.B. 2x täglich) so stirbt zwischenzeitlich die zur Verdauung nötige Darmflora des Dickdarms teilweise ab und muß sich bei erneuter Futterzufuhr erst wieder bilden. Die toten Bakterien müssen vom Pferdekörper entgiftet werden und belasten zusätzlich die Leber und die Nieren. Dazu kommt das Problem mit dem Magen. Der Pferdemagen funktioniert etwas anders als etwa der Magen der Menschen. Er produziert kontinuierlich Magensäure (das ist Salzsäure!) - egal ob Nahrung da ist oder nicht. Befindet sich keine Nahrung im Magen grieft die Salzsäure die Magenschleimhaut an. Das ganze nennt sich dann Gastritis oder Magengeschwür. Eine leider sehr weit verbreitete Pferdekrankheit - warum wohl?

Neben dem oben genannten Problem mit der Darmflora gibt es noch eine weitere Konsequenz: Der Darm bewegt sich nahezu frei im Pferdebauch. Das ist auch in Ordnung so wenn der Darm kontinuierlich mit Nahrungsbrei befüllt wird. Durch die großen Abstände bei der Mahlzeitenfütterung leert sich der Darm. Es kommt zu Darmverschlingungen. Den Pferdehalten bestens bekannt in Form lebensgefährlicher Koliken.

Gute und möglichst pferdegerechte Haltung zeichnet sich also an erster Stelle durch ein kontinuierliches Angebot an geeignetem Futter aus und die Animation der Tiere, sich möglichst viel zu bewegen.

Herkömmliche Weidehaltung kann dies nicht bieten. Man kann es oft beobachten was Pferde auf den Koppeln tun. Sie stehen und fressen an den Futterplätzen. Warum auch sollten sie sich davon wegbewegen?

Ein ausreichendes Wasserangebot ist ebenfalls von großer Bedeutung. Dabei ist es geschickt, wenn die Plätze mit Futterangebot und die Wasserstelle(n) möglichst weit entfernt voneinander liegen. Das animiert die Tiere wiederum zum Laufen zwecks Wechsel zwischen Futteraufnahme und Trinken.

Wilde Pferde leben rund um die Uhr draußen. D.h. Haltung im Stall, in Boxen oder gar noch schlimmer in Ständern ist unakzeptabel und abzulehnen. Ideal ist eine gute Offenstallhaltung. Jedes gesunde Pferd kann ganzjährig draußen leben wenn man die entsprechenden Bedingungen schafft. Bei verschärften Witterungsbedingungen wie Starkregen, Hagel, Sturm u.ä. ziehen wildlebende Pferde an Orte wo der Aufenthalt für sie angenehmer ist. Das kann ein domestiziertes Pferd nicht. Es müssen also Schutzgelegenheiten (Unterstände) in ausreichender Größe und Anzahl (Herdenverhalten, Rangordnungsprobleme) angeboten werden. Diese sollten möglichst zwei Ausgänge haben damit rangniedere Tiere gefahrlos fliehen können wenn es zu Konflikten mit ranghöhreren bzw. dominanten Tieren kommt. Diese Unterstände müssen so errichtet werden, daß von ihnen keinerlei Verletzungsgefahren für die Pferde ausgehen. Natürliche Schutzmöglichkeiten wie Bäume, Gebüsch usw. sind stets von Vorteil.

Paddock Paradise by Becky Overland Das fortschrittlichste (mir derzeit bekannte) Haltungskonzept ist Paddock Trail. Die Grundidee geht zurück auf das von J. Jackson entwickelte "Paddock Paradise". Dieses (amerikanische) Konzept wurde weiterentwickelt, um die wichtige Facette einer artgerechten Ernährung für Pferde und um weitere Aspekte ergänzt. In diesem Konzept stecken rund 25 Jahre Forschungsarbeit in den amerikanischen Wildpferderegionen sowie viel Erfahrung bei der praktischen Umsetzung. Paddock Trail ist kein starres Konzept sondern eine sich ständig weiter entwickelnde Haltungsphilosophie.

Last but not least gehört zu pferdegerechter Haltung auch die Haltung auf den geeigneten Böden. Die Bodenbeschaffenheit sollte vielfältig sein, möglichst uneben je nach Gelände mit Steigungen, Böschungen usw. Das gymnastiziert besser als jedes Longieren auf ebener Fläche. Dabei sollten die Böden in etwa dem entsprechen was die Tiere bei der Arbeit (z.B. beim Reiten oder Fahren) dann auch vorfinden. Der beste Huf wird immer Schwierigkeiten damit haben wenn er die meiste Zeit weichen Wiesen steht und hernach stundenlang über steinige und harte Böden gehen soll. Je nach konkreten Gegebenheiten sind dann temporäre Hufschutzmaßnahmen wie z.B. Hufschuhe ein geeignetes Mittel zum Ausgleich. Es ist wichtig, dass wir Menschen verstehen, dass Pferdehufe im Verlauf der Jahrmillionen für harte Böden optimiert wurden.

Letzte aber nicht minder wichtige Bemerkung zu diesem Thema: Jedes beseelte Wesen dieser Erde kann nur dann gesund sein bzw. werden wenn es auch psychisch gesund ist. D.h. wenn es sich in seiner Umgebung wohlfühlt. Ganz wichtig sind dabei ausgewogene soziale Kontakte. Das Pferd ist ein Herdentier. Von daher ist das Leben in der Pferdegesellschaft zwingend notwendig. Pferde brauchen ihre vertraute und gewohnte Umgebung um sich wohl zu fühlen. Sie lieben ihre soziale Ordnung im Herdenverbund, denn diese gibt ihnen die notwendige Sicher- und Geborgenheit. Dabei sind zwei Extremfälle bei der Haltung so weit wie möglich zu vermeiden:

  1. zu wenig Sozialkontakt, z.B. durch isolierte Haltung
  2. zu große Unruhe/Fluktuation im Herdenverbund, unpassende Zusammenstellung der Tiere

Tiere mögen grundsätzlich keine Überraschungen und sind dankbar für ein Leben in den ihnen bekannten, vertrauten und gewohnten Bahnen. Der Ausdruck Gewohnheitstier resultiert genau aus dieser Tatsache.

Bewegung

Ausreichend Bewegung ist lebensnotwendig für das Lauftier Pferd. Dabei muss man sich klar machen, dass gesunde, in Freiheit lebende Pferde am Tag ca. 15 - 30 km im Schritt-Tempo zurücklegen und dabei kontinuierlich hier und da fressen. Nur etwa 5% ihrer Zeit verbingen Pferde damit zu rennen, zu toben und zu spielen. Ein Ausritt von vielleicht einer Stunde pro Tag gibt dem Pferd niemals die wirklich benötigte Bewegung. Auch reiner Koppelgang im Sinne herkömmlicher Weiden ist dazu nicht geeignet weil die Tiere nicht genügend zum Bewegen animiert werden. Andere Haltungsformen wie Boxenhaltung etc. sind per se undiskutabel. Wir Menschen als Halter haben die Verantwortung, unserem Kameraden und Partner Pferd eine Umgebung zu bieten, die es ihm erlaubt, seine natürlichen Verhaltensweisen, seine Triebe und Instinkte auszuleben. Nur ein Pferd, was auch wirklich Pferd sein kann wird auf Dauer ein gesundes Tier sein und sich nicht mit Ersatzhandlungen, die z.B. aus Langeweile entstehen wie Koppen, Weben usw. selbst schädigen. Auch hier sei wieder auf das Haltungskonzept Paddock Trail als empfehlenswerte Alternative verwiesen.

Ernährung

Es mag wie ein Mantra klingen .... Das Pferd ist ein Steppentier. Auf das in diesen kargen Regionen unseres Planeten vorkommende Futterangebot ist die gesamte Physiologie des Pferdes abgestimmt. Sogenannte fette, grüne Weiden sind leider kein gutes Pferdefutter. Diese sogenannten "Qualitätsgräser" sind Sorten welche für hohe Milchleistungen von Rindern gezüchtet wurden. Sie sind gekennzeichnet durch hohen Energiegehalt bei relativ wenig Rohfaser. Genau das Gegenteil brauchen Pferde - viel Rohfaser, wenig Energie. Viele Huferkrankungen wie die gefürchtete Hufrehe (Laminitis) hat ihren auslösenden Faktor meist an diesem Punkt. Nach neuesten Erkenntnissen sind es häufig Fruktane (=langkettige Zuckermoleküle, Mehrfachzucker) in den Gräsern (und leider auch im Heu). In früheren Jahren glaubte man, es läge am Eiweißgehalt des Futters und versuchte eiweißarm zu füttern. Dies ist widersinnig, da der Körper Proteine als dringend benötigte Baustoffe braucht. Fruktane entsteht durch Photosynthese in den Pflanzen (Energiegewinnung aus Sonnenlicht). Kann die Pflanze die erzeugte Energie nicht in Wachstum umsetzen, etwa weil es zu kalt ist aber die Sonne scheint, so speichert sie die Energie in Form von Fruktanen (vorwiegend in den Stengeln) zwischen. Eine gute Darstellung dieser Problematik findet sich u.a. hier Weide & Fruktan. Je mehr Fruktane im Futter enthalten sind, desto lieber fressen es die Pferde - es ist schlichtweg süß....

Nach unseren Erfahrungen lässt sich eine grundsätzliche Empfehlung für die Pferde-Ernäherung recht einfach formulieren - vor allem für leichtfuttrige Pferde:

  • wenig frisches Gras - am besten in der Weidesaison kurze Weidezeiten, diese sind relativ unbedenklich
  • Rauhfutter in genügender Menge - entscheidend ist hier wiederum die notwendige gute Qualität des gereichten Heus
  • Kraftfutter je nach konkretem Bedarf, bei kranken Pferden (z.B. Hufrehe) ist zu beachten, dass die Rekonvalszenz wie mittlere Arbeit enzuordnen ist. Der Körper muss deutlich mehr leisten als bei einem gesunden Pferd ohne Arbeit.
  • als Kraftfutter eignet sich ganz normaler Hafer weil dieses Getreide am besten in der Verdauung des Pferdes aufgeschlossen wird, dabei ist wichtig, dass der ganzer Hafer gereicht wird (Körner! - nicht gequetscht)

Sehr informativ zum Thema Pferdeernährung ist auch die Website von Frau Dr. Heike Maroske.

Hufpflege und -bearbeitung

Erst nach diesen drei grundlegenden Aspekten spielt die richtige Hufbearbeitung eine wichtige Rolle. Damit sage ich nicht, dass die Hufbearbeitung nebensächlich sei. Ganz im Gegenteil. Sie ist jedoch in ihrer Wirkung, in ihren Erfolgs- und Heilungschancen sehr begrenzt wenn die anderen Faktoren der Haltung des Pferdes nicht stimmen.

Nur dann, wenn wir Menschen - also Sie als Pferbesitzerin/Pferhalter - verstehen und akzeptieren, dass die Gesamtheit der oben skizzierten Aspekte nur zusammen, nur als Ganzes, wirken können wird auch die natürliche Bearbeitung der Hufe den maximalen Erfolg zeigen, scheinbar unheilbare Hufkrankheiten nachhaltig heilen und sich die Pferde eines gesunden Pferdelebens erfreuen.